Grüne Gase sind klimaneutral. Damit verfügen sie über ein erhebliches Potenzial, einen wichtigen Beitrag für eine klimafreundliche Energieversorgung zu leisten. Davon ist auch Matthias Kerner überzeugt, Geschäftsführer der bmp greengas GmbH, ein Unternehmen mit Sitz in München und Tochtergesellschaft der Erdgas Südwest GmbH. Kommunen und Unternehmen werden von bmp bei der Energiewende unterstützt, indem sie zum Beispiel die für die Produktion benötigte Energie auf Biomethan umstellen. Wir haben uns mit Matthias Kerner über die aktuelle Lage von Biogas und Biomethan unterhalten und wie die Zukunft dieser nachhaltigen Energieträger einzuschätzen ist.
natürlichZukunft: Herr Kerner, was sind eigentlich grüne Gase und was macht bmp greengas damit?
Matthias Kerner: Die Farbe Grün ist ja sehr eng verknüpft mit Natur und Umweltschutz. Das leitet schon gut zur Bezeichnung „Grünes Gas“ über, denn dabei geht es um erneuerbares, dekarbonisiertes Gas. Grüne Gase werden aus Wind, Solarenergie und Biomasse, zum Beispiel aus der Landwirtschaft, gewonnen. Eines dieser grünen Gase ist Biomethan, auf das wir uns bei bmp greengas als Vermarkter fokussieren. Unser Job ist es, Unternehmen und Kommunen bei der Energiewende zu unterstützen, indem sie zum Beispiel ihre Erdgas-Tankstellen, die Heizungsanlage in Wohnquartieren oder auch die für die Produktion benötigte Energie auf Biomethan umstellen. Damit wiederum unterstützen wir indirekt auch die Klimaziele der Bundesregierung – ohne Einbußen bei der Versorgungssicherheit.
natürlichZukunft: Warum sind grüne Gase so wichtig für die Energiewende? Und wie muss man sich diesen Prozess des Wandels im Gasbereich vorstellen?
Matthias Kerner: Bei der Energiewende geht es ja um ein zentrales Thema: den Klimaschutz. Die fossilen Energien haben sich einfach als nicht zukunftsfähig erwiesen, da sie zum einen endlich sind, zum anderen zu viel schädliche Emissionen ausstoßen. Deutschland hat sich daher verpflichtet, bis 2030 Treibhausgase immens zu reduzieren und langfristig bestenfalls die „grüne 0“ zu erreichen. Das gelingt nur, wenn man grüne Gase nutzt, die kaum bis gar kein schädliches CO2 ausstoßen und daher besonders klima- und umweltschonend sind.
Matthias Kerner ist seit 2017 Geschäftsführer der bmp greengas GmbH. Er studierte Betriebswirtschaft an der ESB Business School in Reutlingen und absolvierte anschließend Masterstudiengänge in Finanzwissenschaft und Business Law. Nach beruflichen Stationen bei PricewaterhouseCoopers WPG und der Daimler AG im Bereich Governance, Risk und Compliance (GRC) war er bei der EnBW AG u.a. für erneuerbare Energieprojekte in Peru zuständig. Zuletzt hat er u.a. auch die Übernahme des Biomethan-Portfolios der BayWa maßgeblich mitgestaltet, die zur Marktführerschaft der bmp greengas für die Vermarktung von Biomethan in Deutschland geführt hat.
Leider geht das allerdings nicht von heute auf morgen, auch wenn wir es uns wünschen würden. Denn neben dem Gas braucht es ja auch noch die Technologie, die das jeweilige Gas entsprechend verarbeitet. Ein Beispiel: Gas kann man nicht einfach in einen Benzintank eines „normalen“ Benziners füllen. Und Gas kann man auch nicht einfach im Ölkessel im Heizkeller nutzen. Hingegen kann aber jeder, der das Erdgas-Netz nutzt, auch Biomethan beziehen – ob zu 100 Prozent oder als Beimischung. Würden Sie also in Ihrem Eigenheim eine Gasheizung nutzen, könnten Sie bei Ihrem Energie-Dienstleister mal nach einem Biogas-Tarif gucken. Wenn Sie den dann buchen, nutzen Sie Biomethan. Â
Trotzdem geht der Wandel in vielen Bereichen nur schrittweise voran. Grüner Wasserstoff ist beispielsweise noch sehr schwer herzustellen und in der Folge sehr teuer. Daher wird gerade an allen Ecken und Enden geforscht, wie man grüne Gase noch besser nutzbar machen kann.
natürlichZukunft: Aus grünen Gasen kann man offenbar mehr machen, als nur damit eine Heizung zu betreiben, um Wärme zu erzeugen, das klassische Nutzungsszenario von Biomethan. Diskutiert wird darüber hinaus der Einsatz von Biomethan in der Mobilität oder der Industrie für Prozesswärme und stoffliche Nutzung. Wo sehen Sie den Schwerpunkt bei diesen Bereichen in der Zukunft?
Matthias Kerner: Darüber wird nicht nur diskutiert, das wird schon viele Jahre gemacht. Allerdings in verschiedenen Sektoren unterschiedlich intensiv. Da lassen sich auch klare Trends erkennen, die meist an politische Incentivierungen gebunden sind. Aktuell gibt es aus meiner Sicht zwei Fokusthemen, die die kommende Zeit beherrschen und Einfluss nehmen werden. Da ist der CO2-Preis im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Weil Biomethan hier in den ersten Jahren kostenfrei und danach sehr günstig bepreist ist, gibt das der Beliebtheit des Gases einen Aufschwung. Und im Bereich der Wärme sehe ich ebenfalls gute Chancen, dass Biomethan einen größeren Anteil gewinnt – auch hier sind Förderprogramme der Bundesregierung und sogar EU-Richtlinien maßgebend. Ich wünsche mir aber natürlich, dass auch viele weitere Akteure wie die produzierende Industrie verstärkt in eine umweltverträgliche Zukunft investieren. Unternehmen wie Glashütten oder Automobilbauer haben so einen hohen Energiebedarf, dass die dortige Umstellung einen echten und schnell spürbaren Unterschied für das Klima machen könnte.
Sind grüne Gase endlich?
natürlichZukunft: Sind grüne Gase nicht irgendwann endlich? Also kann die allgemeine Energienachfrage mit grünen Gasen allein gedeckt werden?
Matthias Kerner: Genau das ist einer der großen Vorteile grüner Gase: Sie gehen nicht aus. Die Natur bietet uns alles, was wir brauchen, um sie herzustellen, ob Sonne, Wind oder Biomasse aus Energiepflanzen sowie aus Rest- und Abfallstoffen. Außerdem gibt es inzwischen auch verschiedene Möglichkeiten, grüne Gase zu speichern und sie somit in großen Mengen vorzuhalten. Bisher besteht also keineswegs die Gefahr, dass wir den Bedarf nicht decken können, die Versorgungssicherheit ist gegeben. Zudem kann die Produktion bei steigendem Bedarf auch hochgefahren werden – und der Transport ist darüber hinaus auch global möglich.
natürlichZukunft: Das grüne Gas Biomethan, landläufig als Biogas bezeichnet, steht teilweise unter Verdacht: Ressourcen für die Nahrungsmittelversorgung würden für die Energieerzeugung vergeudet. Wie ist der Stand heute bei den NaWaRo (Nachwachsende Rohstoffe)?
Matthias Kerner: „Vom Feld in den Tank“, diese Diskussion rund um den Kraftstoff E10, Raps und Mais haben wir natürlich häufig geführt. Auch heute begegnen wir dem Vorurteil noch immer und es gibt auch noch relevante NaWaRo-Anteile bei der Biomethan-Produktion. Die für die Energiegewinnung angebauten Flächen stellen für die deutschen Landwirte eine sehr wichtige Einnahmequelle dar und würden meist nicht für die Produktion von Futter- oder Nahrungsmitteln genutzt werden. Häufiger entsteht Biomethan inzwischen schon aus biogenen Reststoffen und Abfallprodukten aus landwirtschaftlichen Betrieben. Und es hat sich eine Pflanze, die Silphie, als Energiepflanze hervorgetan, die sich weder als Tierfutter noch als Nahrungsmittel für Menschen eignet. Sie hat einen besonders hohen Biomasse-Anteil; zudem ist die oft gescholtene Monokultur hier zwar gegeben, allerdings bietet die Pflanze über ihre lange Blütezeit ein attraktives Angebot für Bienen und andere Insekten und kann ihre Nährstoffe auch über die Blätter aufnehmen. Somit wird der Boden geschont.
Politik muss handeln, damit Biomethan seine volle Kraft entfalten kann.
natürlichZukunft: Was muss die Politik tun, um den Einsatz von Biomethan zu fördern?
Matthias Kerner: Aus meiner Sicht sind wir hier schon auf einem sehr guten Weg, indem die Politik in verschiedenen Gesetzen wie dem bereits erwähnten BEHG, der RED II oder im Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) zur Nutzung erneuerbarer Energien verpflichtet. Wichtig wäre, dass nun weitere und vermutlich vor allem monetäre Anreize geschaffen werden, damit Biomethan seine volle Kraft entfalten kann. So kann es eigentlich nicht sein, dass der Primärenergiefaktor von Biomethan im GEG dem von Erdgas gleicht. Hier gibt es sicher an einigen Stellen noch Möglichkeiten, zu justieren. Aber der Anfang ist gemacht und ich blicke positiv in eine Zukunft, die von klimaverträglicherer Energie geprägt sein wird.
Die Renewable Energy Directive (RED II)
Bei der RED II handelt es sich um die europaweit geltende Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Sie verpflichtet alle Mitgliedsstaaten, ihren Anteil an erneuerbaren Energien in den Bereichen Strom, Wärme und Transport pro Jahr um einen gewissen Prozentsatz zu erhöhen. So soll die gesamte EU bis 2030 mindestens 32 Prozent erneuerbare Energie einsetzen.